Verunkrautete Grasland-Bestände kennen viele Ursachen
Oft das Hauptproblem:
Die Intensitäten von Nutzung und Düngung passen nicht zusammen oder nicht zum Standort
Das Artenspektrum einer Wiese oder Weide hängt entscheidend von den natürlichen Wachstumsbedingungen am Standort (Natürliche Faktoren, Standortfaktoren) ab. Ist die Fläche im futterbaulichen Sinn verunkrautet, liegt die Ursache meistens nicht bei den Standortfaktoren, sondern bei der für diesen Ort unpassenden Bewirtschaftung (Faktoren in der Hand des Menschen, Bewirtschaftungsfaktoren).
Mögliche Fehler und Ursachen
... bei der Nutzung
- Überintensiv und im Frühling zu früh nutzen
Horstgräser wie Italienisches Raigras Lolium multiflorum und Knaulgras Dactylis glomerata nehmen im Bestand ab, weil ihre Reservestoffe zu rasch erschöpft werden und das Versamen – also ihre Vermehrung – unterbunden wird. Sogar andere intensiv nutzbare Futtergräser wie Englisches Raigras Lolium perenne und Wiesenfuchsschwanz Alopecurus pratensis werden zurückgedrängt.
Der freie Platz wird von minderwertigen, kriechenden Arten, Lückenfüllern sowie Unkräutern und Ungräsern besetzt.
- Generelle Übernutzung
Wo wenig Nährstoffe vorhanden sind (z.B. knappe Düngung) und / oder, anders als es das Standortpotenzial zulässt, immer zu häufig genutzt wird, nehmen Rosettenpflanzen und niedrig wachsende, oft qualitativ schlechte Gräser überhand.
- Unternutzung
Wo Berg- und Alpweiden über lange Zeit unternutzt werden, sind die Voraussetzungen günstig, dass sich Weisser Germer Veratrum album, Adlerfarn Pteridium aquilinum, Wurmfarn Dryopteris filix-mas, Grünerle Alnus viridis, Zwergsträucher und andere Problempflanzen auf potentiell guten Weidestandorten etablieren und flächig ausbreiten.
- Zu späte erste Nutzung
Geringwertige Kräuter (z.B. Wiesen-Pippau Crepis biennis, Wald-Storchschnabel Geranium sylvaticum, Zottiger Klappertopf Rhinanthus alectorolophus) kommen in einen Konkurrenzvorteil gegenüber qualitativ besseren Futterpflanzen, insbesondere intensiv nutzbaren Futtergräsern.
- Nur mähen, nie Frühjahrsweide
Trittempfindliche Arten – geringwertige Kräuter (z.B. grobstänglige Doldenblütler), Unkräuter inkl. Neophyten, gewisse Lückenfüller – nutzen die Gunst, um sich stark auszubreiten.
- Nur weiden, nie mähen
Ausläufertreibende, trittunempfindliche Pflanzen und solche mit tief angesetzter Blattrosette nutzen ihren Konkurrenzvorteil. Sind es gute Futterpflanzen (z.B. Englisches Raigras Lolium perenne, Weissklee Trifolium repens), ergibt sich daraus kein Problem. Sind es geringwertige Arten (z.B. Ausläufer-Straussgras Agrostis stolonifera, Mittlerer Wegerich Plantago media), wird der Bestand futterbaulich immer schlechter.
... bei der Düngung
- Generell übermässig düngen (vor allem Gülle) im Vergleich zur möglichen Nutzungsintensität. Es profitieren stickstoffliebende, meistens minderwertige Arten wie Quecke Elymus repens, Wiesen-Blacke Rumex obtusifolius oder Alpen-Blacke Rumex alpinus, grobe Kräuter, Alpenkreuzkraut Senecio alpinus, Brennnessel Urtica dioica, wertlose Lückenfüller. Vor allem an Standorten, wo konkurrenzstarke Futtergräser fehlen.
- Gülle und Mist in zu grossen bzw. zu wenig verdünnten Einzelgaben ausbringen. Gute Gräser, Kleearten und Kräuter werden zugedeckt, verätzt. Sie erholen sich viel langsamer als minderwertige Lückenfüller oder geringwertige Kräuter und Unkräuter mit starken Wurzelstöcken.
... wenn bei der Bewirtschaftung die Sorgfalt fehlt
- Zu lange bei nassem Boden weiden
Je weniger ausläufertreibende Weidegräser einen Bestand ausmachen, je schwerer die Weidetiere und je steiler die Weide, umso rigoroser wird die Pflanzendecke aufgerissen und umso längerfristig wirken sich die Trittschäden negativ aus.
- Zu wenig Weidetiere ohne Weidewechsel auf zu grosser Weidefläche
Wo nur wenige Weidetiere, insbesondere Schafe, auf einer zu grossen «Dauerweide / Standweide» ohne Weidewechsel grasen, werden sie verleitet zu einem selektiven Fressverhalten. Das führt zu einem Mosaik von übernutzten Flecken neben nicht abgefressenen Stellen, wo sich die nicht schmackhaften Pflanzen – oft konkurrenzstarke Problempflanzen – breit machen.
- Keine Zeit für wirksame Weidepflege
Tiefer Besatz mit Weidetieren bzw. zu wenige Umtriebe erfordern eine umso effizientere Weidepflege, um unerwünschte Pflanzen in Schach zu halten. Wo dies nicht getan wird, beginnen sich zuerst verschmähte Weidepflanzen, dann Adlerfarn Pteridium aquilinum oder Wurmfarn Dryopteris filix-mas, Brennnessel Urtica dioica, Brombeeren Rubus fruticosus aggr., Grünerlen Alnus viridis, Zwergsträucher und Fichten Picea abies zu etablieren und überwuchern grosse Teile der Fläche dauerhaft.
- Einsatz schwerer Maschinen mit ungeeigneter Bereifung, Schlupf
Aufgerissene Pflanzendecken werden durch Lückenfüller belegt, Blacken-Samen kommen ans Licht und keimen rasch, andere hartnäckige Unkräuter oder sogar Zwergsträucher nutzen die Gunst des offenen Bodens um sich zu etablieren. Radspuren hinterlassen Bodenverdichtungen mit teils lang andauernder Schadwirkung.
- Falsch, zu tief eingestellte Mähwerke und Erntemaschinen
Es kann lange dauern, bis auf der beschädigten Pflanzendecke die guten Futtergräser wieder die Oberhand gewinnen und den Bestand wieder schliessen.
- Nach einer selektiven Unkrautbekämpfung keine Übersaat durchgeführt
Die entstandenen Lücken in der Pflanzendecke werden vorwiegend von unerwünschten Pflanzen besiedelt.
Andere Ursachen
- Pilze befallen wichtige Futtergräser
Besonders wintergrüne Raigräser Lolium und spätreife Knaulgräser Dactylis glomerata können von Auswinterungspilzen befallen werden und absterben. Ihre Lücken werden rasch vor allem von minderwertigen Arten besiedelt.
- Tierische Schädlinge
Mäuse, Engerlinge sowie andere Schädlinge können Pflanzen in Wiesen und Weiden zerstören oder zudecken.
- Andauernde extreme Trockenheit bzw. Nässe
Kann die Bildung von Lücken in der Pflanzendecke und in der Folge die Verunkrautung fördern.
Fazit!
Meistens ist es eine unangepasste, oft überintensive Bewirtschaftung, die zu verunkrauteten Wiesen und Weiden führt.
Das Risiko, dass Grasland verunkrautet, ist besonders gross an nicht oder kaum raigrasfähigen Standorten (raue, schattige, trockene oder feuchte Lagen) sowie an steilen Hängen oder dort, wo nicht regelmässig geweidet wird.